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Rezension: „Kurt“ von Sarah Kuttner

Sarah Kuttner – Autorin von "Kurt". (Foto: S. Fischer/Katharina Hintze)

Sarah Kuttner hat einen neuen Roman geschrieben – und der heißt: „Kurt“. In dem Roman geht es um einen Erwachsenen, der Kurt heißt, und um seinen Sohn. Der heißt auch Kurt. Und es geht um die Themen Patchwork-Familie und Trauer. Ich versuche mich hier einmal an einer „Kurt“-Rezension.

Vor einem Vierteljahrhundert, als ich noch die Schulbank drückte, haben wir uns die Nächte um die Ohren geschlagen, um Captain Kirk Kuttners „Sprechfunk“ im Radio zu hören. Wer cool sein wollte, musste zumindest kurz reingehört haben, um am nächsten Tag auf dem Schulhof ein „ja, dit war lustich, wa?“ in die Runde werfen zu können.

Ist Jürgen Kuttners Tochter Sarah für die MTV-Viva-Generation auch so eine Ikone wie ihr Vater für uns? Ich weiß es nicht. Ist ja auch egal. Denn die als Moderatorin zu einiger Bekanntheit gekommene Sarah Kuttner hat sich ein zweites Standbein als Autorin aufgebaut. Allein ihr 2009 erschienenes Romandebüt „Mängelexemplar“ wurde rund 600.000 Mal verkauft und kam 2016 in die Kinos.

„Kurt“ – Vierter Roman von Sarah Kuttner

Nach „Wachstumsschmerz“ und „180° Meer“ ist der im März erschienene „Kurt“ Kuttners vierter Roman (S. Fischer). Und der geht an die Nieren. Alle drei Kapitel sind mit „Kurt“ überschrieben. Kurt, so heißen Vater und Sohn. Mit dem großen Kurt ist die Protagonistin Lena zusammen und gemeinsam ziehen sie nach Brandenburg in ein eigenes Haus. Der kleine Kurt ist zwar der Sohn des großen, aber nicht Lenas. Der kleine Kurt wohnt mit seiner Mutter Jana schon in Brandenburg, daher zieht es offenbar auch den großen Kurt dahin.

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Zunächst liest sich „Kurt“, das Buch, wie ein typischer Roman über eine moderne Berliner Patchwork-Familie. Die Probleme drehen sich darum, wann am besten die Blumen eingepflanzt werden sollen. Später merkt man einige Risse. Da geht es darum, ob Lena als Quasi-Stiefmutter, Kurt miterziehen darf.

Dann stirbt Kurt bei einem Spielplatzunfall. Und jetzt werden aus den kleinen Rissen große. Darf Lena trauern? Wie sehr darf sie den großen Kurt trösten. Darf sie von Kurt verlangen, dass er auch für sie da ist? Darf sie es doof finden, dass Kurt viel Zeit bei Jana verbringt und die gemeinsame Vergangenheit thematisiert wird?

In „Kurt“ dreht sich alles um Trauer und Nicht-Trauern

In „Kurt“ dreht sich fast alles Wichtige um die Trauer und das Nicht-Trauern. Vor allem, dass Lena sich nicht traut zu trauern, sich wichtig genug zu nehmen. Kuttner erklärt in Interviews zu ihrem neuen Roman, dass sie in den vergangenen Jahren viel Erfahrung im Bereich Trauern gesammelt hat und diese jetzt beschreiben wollte.

Am Ende finden Kurt und Lena wieder zusammen. Beide erkennen, dass sie Fehler gemacht haben. Aber klar, so ein Trauerprozess läuft natürlich nicht ohne Fehler ab. Kurt hat Lena vernachlässigt. Und auch Lena hat Lena vernachlässigt. Super veranschaulicht wird das Ganze in dem Buch mit dem geheimen Ort hinter der Waschmaschine am stillen Örtchen, wo Lena ihre Trauer – in Form von Broschüren und Erinnerungstücken – versteckt.

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Ich habe „Kurt“ sehr gemocht. Ich war sehr traurig, als der kleine Kurt sterben musste. Und ich war traurig, weil der große Kurt, Lena und Jana traurig waren. Aber so richtig identifizieren konnte ich mich mit den von Sarah Kuttner gezeichneten Figuren nicht. Zu glatt kamen sie mir vor, zu konstruiert die Geschichte. Zu wenig sympathisch.

„Kurt“ – Wie unter Plastikfolie gefühlt

Zu wenig gepackt hat mich die Trauer der Figuren. Meine Ergriffenheit kam eigentlich vor allem daher, glaube ich, dass ich mir während des Lesens vorgestellt habe, meinem Kind würde etwas passieren. Wäre ich so ruhig? Würde ich nicht wütend alles zerschlagen, was mir vor die Fäuste käme? Wöllte ich mir selbst etwas antun? Ich weiß es nicht. Beim Lesen kam mir „Kurt“ wie unter Plastikfolie gefühlt vor.

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