page contents

Kunst aus Büchern: Karen von Spellbound Book Art im Interview

Buchskulptur von Spellbound Book Art
Buchskulptur von Spellbound Book Art. Foto: Karen/Spellbound Book Art

Die Britin Karen faltet Buchseiten so, dass daraus eindrucksvolle Skulpturen entstehen. Für ihre Buchkunst verwendet die 36-Jährige mittlerweile eigens erstellte Bücher mit einer von ihr geschriebenen Kurzgeschichte und Fülltext, um die Werke anderer Autor*innen nicht zu zerstören. Wir haben Karen zu ihrem Projekt „Spellbound Book Art“ interviewt und viele spannende Dinge über ihre Kunstbücher erfahren. Weitere Infos findet ihr nach dem Interview.

MBW: Wie kamst du auf die Idee, aus Büchern Kunst zu machen?

Karen: Als eine Freundin umgezogen ist, wollte ich ihr ein ganz besonderes Geschenk machen. Ich habe ein gefaltetes Buch mit der Aufschrift „Home“ entdeckt und dachte, das wäre wirklich ein ungewöhnliches Geschenk. Also habe ich es für sie bestellt. Als es ankam, sah es wirklich sehr interessant aus und ich wollte lernen, wie es gemacht wurde. Also habe ich ein bisschen recherchiert, um die Grundlagen der Herstellung einer Buchskulptur zu erlernen. Als ich das erreicht hatte, habe ich begonnen, mit verschiedenen Techniken zu experimentieren, um neue Effekte zu erschaffen. Ich habe Erfahrungen im Grafikdesign. Daher habe ich mein Wessen genutzt, um eine eigene Technik zur Erstellung der Muster zu erarbeiten. Und von dieser Basis aus ist das Ganze immer weitergewachsen.

Verwendest du „echte“ Bücher?

Anfangs habe ich „echte“ Bücher verwendet und eigene Schutzumschläge entwickelt. Dadurch konnte ich die mit der von mir erarbeiteten Marke „Spellbound Book Art“ versehen. Vor etwa einem Jahr habe ich beschlossen, noch einen Schritt weiterzugehen und speziell für das Falten geeignete eigene Bücher herzustellen. Ich habe eine Kurzgeschichte geschrieben, die sich auf den ersten und letzten Seiten findet. Diese Seiten werden nicht gefaltet, so dass man die Kurzgeschichte lesen kann. Auf den inneren Seiten findet sich eine Reihe von Nonsense-Wörtern, damit das Buch noch als echtes Buch erscheint. Aber: Es besteht komplett aus meinen eigenen Wörtern und meiner eigenen Kurzgeschichte, sodass ich für die Erstellung meiner Buch-Skulpturen nicht das Werk einer anderen Person „zerstören“ muss. Außerdem bedeutet das, dass das ganze Objekt jetzt mein eigenes Werk ist.

Weiterlesen:
Rezension: "Aus dem Dachsbau" von Dirk von Lowtzow
Karen von Spellbound Book Art. (Foto: Karen/Spellbound Book Art)

Welches Buch war das erste, das du zu einer Skulptur gemacht hast?

Als erste Skulptur habe ein Buch mit den Theatermasken „Komödie/Tragödie“ gemacht. Theater, Design und Literatur sind sehr wichtig für mich. Daher erschien es mir richtig, diese drei Dinge zu einem Objekt zu kombinieren. Die erste Buchskulptur ist vor rund drei Jahren entstanden. Wenn ich sie anschaue, ist deutlich zu sehen, welche Fortschritte ich in den vergangenen Jahren gemacht habe. Das Werk sieht im Vergleich zu denen, die ich jetzt mache, doch sehr einfach aus.

Wie viele Buchskulpturen hast du bisher verkauft?

In den vergangenen drei Jahren habe ich rund 100 Buchskulpturen angefertigt, aber mindestens die Hälfte davon habe ich an Menschen verschenkt, die mir wichtig sind. Dazu gehören auch der Schauspieler Jude Law und die US-amerikanische Band The Shadowboxer, die Justin Timberlake im vergangenen Jahr auf dessen Tournee begleitet hat. Manche Skulpturen habe ich auch einfach aus Übungsgründen gemacht oder weil es mir einfach Spaß gemacht hat. Ich mache das Ganze als Hobby, weil ich es wirklich genieße sie zu designen und herzustellen. Und mir gefällt es, meine Grafikdesign-Fähigkeiten zu nutzen, um „Spellbound Book Art“ zu einer zusammenhängenden Marke zu machen. Aber hinter dem Ganzen stecke wirklich nur ich in meinem Wohnzimmer. Dort mache ich wirklich alles selbst von der Idee bis zur Fertigstellung, inklusive der Fotos, der Werbematerialien und der Website.

Wie lange benötigst du für eine solche Buchskulptur?

Das hängt ganz von der Komplexität des Designs ab. Das Markieren, Schneiden und Falten dauert in der Regel rund zehn Stunden. Einfachere Werke schaffe ich auch in fünf Stunden. Aber für „Alice im Wunderland“ habe ich zum Beispiel 26 Stunden gebraucht – davon gingen allein 15 Stunden für die Gestaltung des Musters drauf. Jetzt könnte ich es in der Hälfte der Zeit noch einmal machen. Aber diese war auf jeden Fall meine komplexeste und aufwändigste Buchskulptur.

Weiterlesen:
"Stranger Things": Comic zeigt Will auf der anderen Seite
Das bisher komplexeste Werk: „Alice im Wunderland“. (Foto: Karen/Spellbound Book Art)

Welche Werkzeuge verwendest du?

Ich brauche eigentlich nicht allzu viele Geräte – einen Stift, ein Falzbein aus Knochen, wie man es beim Origami-Falten verwendet und ganz kleine Scheren. Die Muster entwerfe ich am Computer mit einem Grafikprogramm und drucke sie dann aus. Es geht dann eigentlich nur darum, Seite für Seite durch das Buch zu gehen und die Seiten an der richtigen Stelle zu markieren. Anschließend beginnt man wieder von vorn und schneidet und faltet jeden einzelnen Abschnitt. Mein Vater hat mir etwas entwickelt, das die Seiten aus dem Weg hält. Das ist wirklich sehr nützlich. Aber darüber hinaus verwende ich wirklich nicht viel.

Was machst du, wenn du nicht an Buchskulpturen arbeitest?

Der Hauptgrund dafür, dass ich mich mit Buchskulpturen beschäftige ist, dass die Herstellung für mich eine Art Therapie ist. Ich leide unter einer sozialen Angststörung und einer wiederkehrenden Depression. Außerdem wird vermutet, dass ich autistisch bin. Das alles macht mir das Leben recht schwer und ich kann keinem regulären Job nachgehen. Die Wiederholungen beim Markieren, Scheiden und Falzen und die soziale Isolation, die für die Vervollständigung der Skulpturen erforderlich ist, sind nur einige der Vorteile, die mir das Falzen von Büchern eröffnet. „Spellbound Book Art“ hat mir die Chance gegeben, meine Schwächen in Stärken zu verwandeln. Und das ist letztlich auch der Grund, warum ich das mache. Die Buchskulpturen haben mir einigermaßen das Leben gerettet.

Was sind deine Pläne für die Zukunft?

Künftig würde ich meine Skulpturen und Designs gern in Läden und Galerien verkaufen. Aber um das zu erreichen, werde ich noch einiges an Planung und Organisation benötigen. Ich möchte auch anderen Menschen beibringen, wie sie solche Buchkunst selbst herstellen können, und natürlich meine Entwürfe gemeinsam mit den Anleitungen verkaufen. Obwohl mich immer wieder Leute danach fragen, ist das Ganze für mich derzeit wegen meines gesundheitlichen Zustands etwas zu schwierig für mich. Auf dieses Ziel möchte ich aber in der Zukunft hinarbeiten.

Danke dir und viel Erfolg!

Die selbstgestalteten Kunstbücher bietet Karen auf Anfrage zu Preisen zwischen 25 und 150 Pfund an. Sie versendet auch in Ausland, hat sie uns versichert. Fragt sie doch einfach, falls ihr eine solche einzigartige Buchskulptur haben wollt.

Links zu den Web-Präsenzen von Karen von „Spellbound Book Art“:

Teilen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Blogheim.at Logo